TAUSCH

Wenn ich dünn wäre, wäre ich eine ziemlich coole Sau. Ich würde Jeans und T-Shirt tragen und würde die Mädels eine nach der andere vernaschen und vielleicht ein paar Jungs dazu. - So denke ich, als ich in meinem Lieblingsimbiss sitze und auf mein Tofucurry warte.

Dieses gelbe Shirt vielleicht, das ich eben im Vorbeigehen gesehen habe mit diesem schwarzen Druck, den man dann ja auch erkenne würde, weil er eben nicht allzu sehr in die Breite gezogen würde. Unter meiner Brust würde es statt nach außen nach innen gehen, und wo das gelbe T-Shirt zuende wäre und die Jeans anfinge, würde ein Gürtel gürteln. Dazu dann die Jeans, die ich vorhin an diesem Hintern gesehen habe – genau die!

Ja bitte gerne, ruhig die ganze Sauce. Und ein Weizen. Danke.

Gedankenverloren stochere ich in meinem Curry herum. Nein – eher gedankenleer, denn gutes Essen – und dieses ist gut – lässt mich mitunter in eine Art siebente Dimension gleiten. Die Diemension des ausschließlichen Genießens.

Als ich wieder in der mir ursprünglich zugedachten Dimension ankomme, sitzt eine Frau neben mir. Eine schlanke, knackige, hübsche Frau. Sie trägt ein gelbes T-Shirt mit einem schwarzen Aufdruck, einen Nietengürtel und perfekt sitzende Jeans, soweit ich das beurteilen kann, den sie sitzt ja und macht mir einen Blick auf ihren Allerwertesten damit zunächst unmöglich. Aber das Gesamtbild lässt Feines erahnen.

Lustlos stochert sie in ihrem Tofucurry herum. Ich muss ein wenig irritiert geguckt haben, denn als sich unsere Blicke treffen, fragt sie mich, ob sie mich gestört hätte und ob sie sich vielleicht lieber wegsetzen solle. Das irritiert mich nun erst richtig. Wir kommen vorsichtig ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie mich schon öfter gesehen hat. Beim Tanzen. Mit Freunden. Und auch und vor allem, als ich mal einen meiner Texte gelesen habe. Ich sei ja so selbstbewusst und glücklich (wenn sie wüsste!) – und sie traue sich ja gar nichts zu. Sie würde ja keine zwei Sätze schreiben und auch nicht tanzen können, überhaupt habe sie sich mit Buchstaben immer so schwer getan und ein Rhythmusgefühl ginge ihr völlig ab. Ach, wie gern sie doch mal mit mir tauschen würde.

Tauschen? Sie würde mir also diesen Körper leihweise überlassen? Dieses knackige Gerät? Diese Aufreißmaschine?

Zu ihrer großen Verwunderung schlage ich ihr vor, doch tatsächlich einfach mal ein paar Tage zu tauschen. Sie wäre dann ich und ich wäre sie. Was das Essen betrifft, wäre das nicht einmal eine Umstellung, denn das Tofucurry mögen wir ja schließlich beide.

Morgen ist die Zeit um. Gottseidank. Ich gehe durch die Straßen, leicht, federnd und doch bleischwer. Von wegen Aufreißermaschine. Klar, ich komme jetzt deutlich besser an meine Füße. Und ein Sitz im Bus reicht völlig aus. Ansonsten aber gehe ich den Menschen aus dem Weg und geschrieben habe ich schon lange nichts mehr, was auch – es ist ja ohne hin alles nichts wert. Und dann begegne ich auch noch mir, also ihr, in meinem Körper! Und die blöde Dicke schnappt mir die Mädels weg und lacht und flirtet und dichtet was das Zeug hält - wo ich die doch schnappen wollte, jetzt, wo ich endlich dünn bin!

Irgendwas ist hier schiefgelaufen. Ganz schief.