MIT NUDELN REDEN

Angeblich gibt es in Großstädten immer mehr einsame Menschen. Das ist zunächst einleuchtend, denn auf dem Land einsam zu sein ist so dermaßen dramatisch armselig, dass man es lieber lassen sollte. Auf dem Land ist man schließlich einzeln einsam, es gibt dort keine größere Gruppe Einsamer, man ist dort quasi doppelt einsam – dann lieber husch husch in die Stadt, um wenigstens nicht alleine einsam zu sein.

Woran erkennt man eigentlich, dass man einsam ist? Oder dass man schrullig wird? Fängt es schon an, wenn man mit Haustieren spricht? Mit Pflanzen? Aber das tun doch auch diese gesellschaftlich hervorragend integrierten Damen in diesen Filmen, das kann es nicht sein. Ich rede ja auch mit meinen Tieren und Pflanzen, mitunter auch mit meinem Hintern oder meinen primären Geschlechtsmerkmalen. Dennoch bin ich ja nun ganz bestimmt nicht einsam!

Sensibilisiert für dieses Thema beobachte ich nun einige Zeit mein Leben. Nichts Auffälliges, alles schön. Ich sitze gemütlich mal an der Zimmerdecke und mal im Baum über mir und ab und zu fahre ich auf der U-Bahn mit und beobachte mich durchs Fenster. Und da passiert es. Ich sehe mich, wie ich einen Topf mit Wasser fülle und ihn auf den Herd stelle. Ich sehe mich ein Päckchen Nudeln öffnen. Und ich höre mich sagen „Sooo, jetzt mal ab in den Topf, Herrschaften!

Na na naaa, keine Clusterbildung, schööön auseinander, hier wird nicht zusammengeklebt!

Uuund, wie weit sind wir denn? Hoho noch ein wenig widerspenstig, na dann gebe ich euch noch mal zwei Minütchen.“

Erschüttert falle ich von der Decke und stürme in die Küche, um mir sofort vom eben Gesehenen zu berichten. Ich bin ebenso erschüttert wie ich. Ich hatte den ganzen Tag nur mit den Nudeln gesprochen. Am besten, ich ziehe in eine größere Stadt.